Rechtsanwältin Anja Lederer Berlin Mitte

Rechtshilfe

Vorsicht, Fristen!

Vorsicht Fristen Wenn es um Fristen geht, ist nichts schädlicher als die Einstellung „Kommt Zeit, kommt Rat“. Anwälte können leider häufig nur deshalb nichts mehr für ihre Mandanten tun, weil wichtige Fristen für Wider- und Einsprüche, Klagen usw. versäumt oder gar nicht bemerkt wurden.

Nach Ablauf einer Frist, in der nichts unternommen wurde, spielt es im Regelfall keine Rolle mehr, ob ein Strafurteil „ungerecht“ oder ein Bescheid rechtswidrig ist. Die Entscheidung der Behörde oder des Gerichts wird nach dem Fristablauf bestands- oder rechtskräftig und damit, unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit, rechtswirksam.

Wichtig ist, dass man bei allen „offiziellen“ Schreiben darauf achtet, ob es eine Frist gibt. Fristen sind normalerweise am Schluss eines behördlichen Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung unter „Rechtsbehelfsbelehrung“ oder „Rechtsmittelbelehrung“ vermerkt. Hier findet man zugleich auch den Hinweis, welches konkrete Rechtsmittel eingelegt werden kann. In manchen Bescheiden, zum Beispiel der Jobcenter oder ARGEn, muss man etwas länger suchen, bis man Rechtsbehelfsbelehrung und Frist gefunden hat.

Wann beginnt eine Frist?

Es ist ein manchmal folgenschwerer Irrtum anzunehmen, dass die Frist in dem Moment beginnt, in dem Sie den jeweiligen Brief aus dem Briefkasten genommen oder gelesen haben. Entscheidend ist nämlich, wann der Brief „in Ihren Bereich“ gelangt ist, also zum Beispiel in Ihren Briefkasten gelegt wurde, egal, ob Sie ihn bemerkt oder gelesen haben.

Problematisch wird das vor allem für Leute, die nur ab und zu nach ihrer Post sehen oder verreisen. Wenn Sie wissen, dass ein Verfahren bei einer Behörde, bei einem Gericht o.ä. läuft, sollten Sie deshalb für Abwesenheitszeiten unbedingt vor- und dafür sorgen, dass sich eine Vertrauensperson um Ihre Post kümmert und Sie bei „offiziellen Briefen“ benachrichtigt.

Bei sog. Zustellungen (Briefen, die in besonderen, gelben Umschlägen verschickt werden) ist besondere Vorsicht geboten. Fast immer enthalten sie Schriftstücke von besonderer Bedeutung (zum Beispiel Ablehnungs- oder negative Widerspruchsbescheide), gegen die Rechtsbehelfe (Widerspruch bzw. Klage u.ä.) möglich sind. Die Behörden oder Gerichte lassen diese besonderen Briefe förmlich zustellen, um sicher zu erfahren, dass und wann genau die Empfänger den Bescheid usw. bekommen haben. Das sog. Zustelldatum wird in diesen Fällen vom Zusteller auf den Briefumschlag rechts oben in der Ecke notiert. Gleichzeitig erhalten die Behörde oder das Gericht eine Zustellungsurkunde, auf der das Datum ebenfalls vermerkt ist. Bei Zustellungen beginnt die Frist mit genau diesem Datum.

Beim regulären Einschreiben wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass sie den Empfänger spätestens drei Tage nach Absendung erreichen. Entscheidend für den Fristbeginn ist aber auch hier der konkrete Tag, an dem Sie (bzw. Ihr Briefkasten) den Brief erhalten haben.

Normale Briefe im selben Stadtgebiet kommen in der Regel innerhalb eines Werktages bei den Adressaten an. Hier hat der Absender zwar grundsätzlich keinen Nachweis darüber, wann der Brief tatsächlich in Ihren Empfangsbereich gelangt ist. Trotzdem sollte nach meiner Erfahrung auch in solchen Fällen kein unnötiges Risiko in Kauf genommen werden. Im Zweifel können Sie den Fristbeginn auf das Datum des jeweiligen Tags nach dem des Poststempels ansetzen.

Wann läuft die Frist ab?

Fristberechnungen sind kompliziert. Im Zweifel sollten Sie deshalb bei einem Rechtsanwalt nachfragen. Als Faustformel gilt bei Rechtsmittelfristen gegen Entscheidungen von Gerichten und Behörden (auch zum Beispiel Krankenkassen u.ä.) folgende Berechnung:

  • bei Ablauf von Monatsfristen

(z.B. Rechtsbehelfsfrist für Widersprüche und Klagen gegen Entscheidungen in verwaltungs- und sozialrechtlichen Verfahren) läuft die Frist

an dem Tag des Folgemonats (24:00 Uhr) ab, dessen Zahl dem Tag des Fristbeginns entspricht

(Bsp.: Fristbeginn ist der 13. März –> Fristablauf 13. April)

Ausnahme:
Wenn der Tag des Fristablaufs auf einen Sonnabend, Sonn- oder Feiertag fällt, endet die Frist am nächsten Werktag.

  • bei Ablauf von Wochenfristen

(z.B. in Strafverfahren) läuft die Frist

am entsprechenden Wochentag eine bzw. zwei usw. Woche(n) später (24:00 Uhr) ab

Entscheidend für die Einhaltung einer Frist ist nicht, wann Sie Ihren Widerspruch o.ä. abschicken, oder der Poststempel auf Ihrem Brief! Ihr Rechtsmittel muss rechtzeitig vor Ablauf der Frist bei der Behörde oder dem Gericht usw. eingegangen sein.

Wird die Zeit knapp, können die meisten Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe auch vorab per Fax (nicht per Email!) rechtzeitig an die entsprechende Stelle geschickt werden. Allgemein sollten Sie immer eine Kopie Ihres Schreibens, und in diesem Fall auch den Faxsendebericht, ausdrucken und aufbewahren.